Rozhovor 05.12.2020 Sodom de - HELLMAGAZINE

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Michal Roháč • Eva Roháčová

SODOM


Die Pandemie hat die ganze Welt gelähmt und vor allem die Kultur und die Konzerte haben sie am meisten in Anspruch genommen. Einige Bands sind in den Online-Bereich gezogen, aber viele Bands haben diese berüchtigte Situation kreativ genutzt. Eine der kreativen Bands ist die deutsche Thrash Metal Legende Sodom und hat kürzlich ein neues Album veröffentlicht. Die folgenden Zeilen gehören also bereits zu dem Interview, in dem Tom Angelripper die aktuelle Situation und das im Detail beschriebene neue Album kommentierte.



Die Welt befindet sich derzeit in einer Krise, die durch die Pandemie sars-cov 19 verursacht wurde. Wie ist Ihre Situation in Deutschland und wie verbringen Sie diese Zeit?


Durch die Coronakrise und die daraus resultierenden Absagen aller Shows haben wir die Zeit natürlich genutzt um die neuen Songs zu schreiben. Das war aber wirklich das einzig positive daran. Wir würden gerne mal wieder auf der Bühne stehen, aber wir haben ja bekanntermaßen Berufsverbot und keiner weiß wie lange das noch anhalten wird.

Das Thema verschiedener Konflikte ist in Ihren Alben  sehr häufig. Ihre Texte weisen oft auf Ungerechtigkeiten und Ereignisse zu einem bestimmten Zeitpunkt hin. Wie hat sich die aktuelle Pandemiesituation beim Schreiben von Texten auf Sie ausgewirkt?


Ich habe halt den Eindruck, dass viele Sachen in Deutschland (aber auch weltweit) aus dem Ruder laufen und nach und nach außer Kontrolle geraten. Ich hatte meine unbeschwerte Kindheit in den 60er und 70er Jahren, meine Jugend in den 80ern.  Und allen Unkenrufen und Weltverbesserern zum Trotz; da war wirklich alles besser. Wir leben zurzeit in einer beschissenen Welt voller Ängste und Unsicherheit. Ich denke aber eher an die nächsten Generationen, die unsere Fehlpolitik ausbaden und bezahlen müssen. Zu allem Elend dann noch die Corona Krise. Sie lässt das Eis der Ignoranz schmelzen und eröffnet den Blick auf einen riesigen Haufen Scheiße voller sozialer Ungerechtigkeiten und Missstände. Ich selbst bin ja politisch nicht aktiv, aber Sänger in so einer Band zu sein, gibt mir die Möglichkeit es auf der Bühne herauszuschreien. Metal muss wieder die Wahrheit sagen und die Meinungsfreiheit muss wieder in den Vordergrund rücken. Ich habe manchmal das Gefühl, das die gesamte Metalszene verweichlicht ist. Man passt sich an, man will nicht auffallen. Aber genau das ist kein Metal mehr. Metal muss Farbe bekennen, Metal muss wieder böse werden…das alles trifft es aber nicht mehr. Aber wir versuchen diese Attitüden und den Zeitgeist der glorreichen 80er wieder aufleben zu lassen…

Sagen Sie etwas mehr zu den Themen in den Songs.


BLIND SUPERSTION
Die Idee, dieses Intro der 88er Tour nochmal neu einzuspielen, entstand im Proberaum. Wir  waren gerade dabei, die Setlist für die anstehenden Gigs zu planen und hatten uns mal die alten Scheiben vorgenommen. Und zack, hatte das Kind einen Namen. Damit bekennen wir uns zu unserer Bandgeschichte, ohne dabei jemals zu vergessen wo wir herkommen.

SODOM & GOMORRAH
Für mich der ideale Opener. Dieser Titel beinhaltet alle Sodom typischen Trademarks. In den 80er Jahren wurden Songs zum Teil ganz anders arrangiert.  Die Songstrukturen waren komplexer und exakt auf den Sänger abgestimmt. Unzählige Meisterwerke (darunter auch viele Titel von uns selbst geschrieben), die wir bis heute so sehr lieben, dienten als Strickmuster. Man hört, dass die Bands früher ihre Songs zusammen im Proberaum ausgearbeitet haben, was wir übrigens immer noch machen.

Textlich beschreibt der Song eine sehr delikate Szenerie aus den alten Städten Sodom&Gomarrah. Das hat dem lieben Gott gar nicht gefallen und so ließ er seinen Zorn in Form von Feuer und Schwefel auf sie herabregnen…

EUTHANASIA
Eine typische Thrash-Granate, wie sie nur aus Frank`s Feder  kommen kann. Für mich klingt der Song wie ein verlorenes Schätzchen aus Persecution Mania Zeiten und er katapultiert mich zurück in eine glorreiche Vergangenheit.

In dem dunklen Kapitel unserer eigenen Geschichte wurde dieses Wort (ursprünglich alt-griechisch „der Tod“, „das Sterben“) missbraucht,  um Gräueltaten und Morde als „Sterbehilfe“ zu rechtfertigen. Aus heutiger Sicht aber sollte jeder das Recht haben, sich zwischen Leben und den eigenen Tod zu entscheiden.

GENESIS XIX
Einer der ersten Titel, die wir nach dem Line-Up Wechsel 2017 geschrieben haben. Er verkörpert für mich den Aufbruch in ein neues „Sodom“ Zeitalter. Die Kombination aus schwermütigen Riffs und pfeilschnellen Thrash Attacken haben den Song auch bei den letzten Live-Shows als Opener prädestiniert.

In dem Text geht es abermals um die Zerstörung von S&G durch Gottes Hand (in Wirklichkeit war es wohl ein Meteoriteneinschlag …) und die Geschichte von „Lot“ und seinen Töchtern. Die Bibel liefert einiges an historischen Hintergründen und man erfährt viel über das Leben der Menschen zu dieser Zeit. Auch „Ungläubige“, zu denen ich mich auch zähle, sollten da trotzdem mal rein schauen.

NICHT MEHR MEIN LAND
Diese Mischung aus Blastbeats und Midtempo-Riffing hatten wir in unserer Vergangenheit seltener. Nun war es mal wieder an Zeit. Zumal wir einen Drummer angeheuert haben, der solche musikalischen Finessen beherrscht. Ich erinnre mich gerne an das Zitat unseres Toningenieurs Siggi: „Gnadenlos – eines der besten Sodom Songs aller Zeiten“, dem kann ich mich nur anschließen.

Für diesen Titel war ursprünglich ein englischer Text vorgesehen. Aber warum nicht mal wieder was „Deutsches“?

GLOCK `N`ROLL
Er gehört zu meinen Faves auf dem Album. Der fiese Mainriff von Yorck geht (zumindest bei mir) durch Mark und Bein, der Pre-Chorus geht unter die Haut. Der Solo-Part verkörpert „Heavy Metal“ in Reinkultur.  Auch bei diesem Titel bin ich froh einen Drummer zu haben, der die Takte so präzise und hart raus kloppt, wie `ne frisierte Glock 20 im Vollautomatikmodus.

Im Text geht es wieder einmal um einen Serienkiller. Er tötet nicht aus Habgier, Rache oder aus politischer Frustration heraus. Er meuchelt um einen Menschen vor seinen eigenen Augen sterben zu sehen. Bei der Auswahl des Songtitels half ein tiefer Griff in die Kiste der Wortspielerei, ein Besuch auf dem Schießstand und ein kräftiger Schluck aus der Jacky Pulle ,)

THE HARPOONEER
Ein Song aus so tiefgründig wie der Pazifische Ozean und doch so gewaltig wie ein Tsunami. Und wieder einmal beweist sich unser Gitarrist Yorck als Komponist aller erster Güte. Stellenweise erinnert mich der Song im Nachhinein an einigen Parts von Slayer’s „Show no mercy“, aber das wäre sicherlich völlig unbeabsichtigt. Im Gegensatz zu den Songs „Tribute to Moby Dick/Silence ist consent“ vom „GWYD“ Album, die sich mit dem leider immer noch aktuellen sinnlosen und massenhaften Abschlachten von Walen beschäftigt, geht es hierbei um die damals lebensnotwendigen Anfänge des Walfangs und die Geschichte von Captain Ahab und seinen bis zum Tode geführten, erbitterten Rachefeldzug gegen eine einzelne Kreatur Gottes. Der gleichnamige Roman von Herman Melville gehört natürlich zur Pflichtlektüre und die Verfilmung mit Gregory Peck erst recht.

DEHUMANIZED
„Wir spielen diese Musik nicht, um uns Freunde zu machen“…das war eines unserer Mottos Anfang der 80er Jahre. Im Prinzip hat sich das bis heute nicht geändert. Und manchmal strömt es aus uns heraus und dann völlig tabu- und hemmungslos, entfesselt und aggressiv. Am Ende bleibt nur noch schwarze Asche und die verzweifelte Empörung über eine unkontrollierte und menschenverachtende  Welt in der wir leben, und zwar in Form dieser musikalischen Darbietung.

Und genau so entstand auch der Text, geboren in meinen Gedanken über eine Zukunft, die wir nicht mehr haben und die mich völlig fassungslos zurück lässt….

OCCULT PERPETRATOR
Wieder mal eine Meisterwerk aus Frank’s Feder. Hier hört man deutlich seine Leidenschaft für spitze und knochentrockene Thrash-Riffs gepaart mit seiner Vorliebe für klassische Rockgitarristen aus den 60er/70er Jahren.  Der Mittelteil klingt ggf. etwas ungewöhnlich für den geneigten Zuhörer, aber der Titel ist und bleibt geil. Wir wissen ja genau, dass wir nicht jeden Trend mitmachen müssen und es im Grunde genommen keine passende Schublade für uns gibt. Aber ich persönlich freue mich immer über so eine gelungene und kreative Komposition.

Es geht um den ewigen Kampf, einiger weniger, für eine gerechte Welt und dem aussichtslosen Unterfangen, einen Feind der kleiner ist als ein Sandkorn (Zitat von Ursula von der Leyen…hahaha…), zu bekämpfen und zu besiegen. Und nur die privilegierten Völker des Nordens werden in den Genuss eines wirksamen Impfstoffes kommen. Der Virus wird weltweit mutieren und irgendwann werden sich alle Menschen der südlichen Halbkugel auf den Weg Richtung Norden machen und sich entweder mit oder ohne Gewalt den Zutritt zu unseren heimischen Komfortzonen verschaffen, ob uns das schmeckt oder nicht.

WALDO & PIGPEN
Ein typisches Thrash-Gewitter aus Frank‘s Feder. Ganz im Stil der Songs, wie man sie so sehr auf unserem Agent Orange Album  liebte.

W&P (das waren ihre Code-Namen) sind zwei Hubschrauber Piloten, die während ihres Einsatzes auf vietnamesischem Feindesgebiet unter heftigen Beschuss geraten sind. Eigentlich nichts ungewöhnliches, aber die Tonaufnahmen des Funkverkehrs zwischen den beiden wurden 2016 wieder entdeckt. Man muss sich einfach nur mal in ihre fast ausweglose Lage versetzen, um zu verstehen, was Todesangst bedeutet. Pigpen (Mark Garrison) hat später auch ein Buch über seine Erlebnisse in diesem sinnlosen Krieg veröffentlicht.

INDOCTRINATION
Ein bisschen Punk? Warum nicht? Wenn’s Spaß macht. Dazu ein wenig Chor-Gegröle und ein knarziger Bass-Sound, schon haben wir den optimalen Rausschmeißer für kommende Sodom Shows (2026???). Aber keine Bange, Bombenhagel bleibt im Set ,) Ich freue mich schon tierisch drauf…Cheers

Ach so, der Text: Wir müssen uns in Acht nehmen, dass wir nicht irgendwann mal als willenlose Geschöpfe unser spärliches Dasein fristen und als bedeutungslose Gestalten über diesen Planten taumeln. Vielleicht als gechipte Individuen die keine eigene Meinung mehr haben? Ferngesteuert durch den implantierten Datenträger in unseren Köpfen?  Science-Fiction? Wer weiß….

FRIENDLY FIRE
So, das isser…mein Lieblingssong auf dem Album. Kann es kaum fassen oder gar beschreiben, wie sehr ich diesen Titel liebe. Bin mir sicher, dass er die Marschrichtung für das nächste Album sein wird.  Und mittlerweile glaube ich sogar, dass die geschickte Aneinanderreihung und Kombination der Noten unseres zwölfstufigen Tonsystems die Musik (…im Allgemeinen…) so vielfältig macht. Mein Gott, hätten wir das bloß damals schon gewusst ,))

Oftmals ist es in einer Kriegssituation so, das Soldaten ihre Waffen gegen die eigenen Kameraden richten müssen, die sich in der Nähe feindlicher Stellungen verschanzt haben. Für den Gesamtsieg einer Schlacht wurden die Opfer in Kauf genommen. Auch wurden in großer Zahl vermeintlich gegnerische Flugzeuge vom Himmel geholt…

Sie sind eine der wenigen Bands, die gemeinsam im Proberaum neue Songs schreibt. Diese alte Schule ist heutzutage ziemlich einzigartig, aber sie hat sein Charme. Inwieweit hat der Produzent bei der Aufnahme eines Albums die Möglichkeit, in die endgültige Form des Albums einzugreifen?


Wir machen das alles immer noch nach alter Väter Sitte. Wir treffen uns im Proberaum, starten eine Jam-Session, trinken ein paar Bierchen und schon sprüht es auch uns heraus. Meistens fängt es aber dann mit einem Gitarren-Riff an und jeder gibt seinen Senf dazu. Danach arrangiere ich das alles nochmal um den Titel für meine Gesangseinlagen und passend zum Vermaß des Textes anzupassen. Es gibt aber auch Proben, wo wir unverrichteter Dinge wieder nach Hause gehen, man kann es einfach nicht übers Knie brechen. Nachdem abzusehen war, dass alle Shows wegen der Pandemie abgesagt oder verschoben wurden, hatten wir genug Zeit auch ohne Druck die Ideen auszuarbeiten.

Seit dem letzten Album (wenn wir an der Single nicht Rücksicht nehmen) ist Genesis XIX ein Album, das von einer neuen vierköpfigen Besetzung aufgenommen wurde. Was waren die Gründe für die Veränderungen in der Band und wie zufrieden bist du mit der aktuellen Besetzung?


Bis auf den Drummer ist die Besetzung ja schon seit 2017 aktiv. Nach Husky`s Ausstieg waren wir natürlich auf der Suche nach einen neuen Trommler. Toni kannten wir ja schon länger, er hat ja auch vor ein paar Jahren bei Frank Blackfires Soloalbum gespielt und außerdem ist er auch bei Sabiendas tätig. Ich hatte ihn dann kontaktet und er hat sofort zugesagt, zumal er Sodom Fan ist und auch die Gelegenheit nutzen will, auch mal international bekannt zu werden. Wir sind total begeistert von ihm und für mich gehört er zu den besten Drummern Deutschlands oder sogar noch darüber hinaus. Auf jeden Fall habe ich das Gefühl, dass wir uns gesucht und gefunden haben. Die Jungs stehen zu 100% hinter mir und dem Projekt Sodom. Ich glaube, dass mit dem neuen Line-Up eine große Zukunft vor und liegt. Ich versuche ja immer eine Besetzung so lange wie möglich zusammen zu halten, aber manchmal geht es dann nicht mehr. Kommt ja in den besten Ehen vor, aber andererseits kenne ich auch keinen der 18 mal geheiratet hat…hahaha…Ich brauche einfach Leute in der Band die mitarbeiten und mitdenken und genau das mach sie. Wichtig ist auch ein freundschaftliches Verhältnis unter den Musikern und auch das kann ich bestätigen.

Ihre Alben wurden immer von limitierten Sonderveröffentlichungen begleitet. Sagen Sie uns, was Sie dieses Mal für diese Ausgaben gepackt haben?


Ja, es gibt noch eine Sammlerbox mit einer Slipmat, Poster, Fahne, Maske und Autogrammkarte.

Bewertungen sind bereits auf der Neuigkeit  erschienen und sie sind sehr gut. Legen Sie großen Wert auf Rezensionen von Musikkritik oder warten Sie lieber auf die Reaktionen der Fans?


Die reviews waren bislang alle sehr positiv und euphorisch. In zwei großen Magazinen sind wir Platte des Monats. Aber uns interessiert natürlich, was unsere Fans berichten. Schließlich machen wir die Musik ja nur für unsere Anhänger. Das ist uns sehr wichtig.

Viele Bands gehen heutzutage nicht mehr auf Tour, und geben nur die  Online-Konzerte. Planen Sie nicht ein solches Konzert oder wie beurteilen Sie diese Möglichkeit?


Bisher wurden alle abgesagten Shows auf 2021 verschoben. Ich hoffe, dass es dann weitergeht, es MUSS weitergehen. Es muss Schluss sein mit dem Berufsverbot für Künstler, Veranstaltungstechniker und Organisatoren. Aber im Prinzip weiss keiner ob und wie es weitergeht. Es gab aber Angebote in Autokinos aufzutreten, aber das ist für mich keine Option. Eine Metal Show lebt ja schließlich auch vom Publikum und dann ohne Masken und Sicherheitsabstand. Es gibt da keine vernünftige Lösung. Eine 4000er Halle mit 500 Leuten? Wie soll sich das finanzieren? Musiker, Backliner, Techniker und Veranstalter wollen doch auch was verdienen? Oder wir nehmen 150€ Eintritt, das wäre aber Abzocke…

Diese ungünstige Situation wird einmal enden und die Konzerte werden wieder beginnen. Haben Sie bereits Angebote und wohin möchten Sie während der Tour überall hingehen?


Alle 2020er Shows wurden verschoben. Mal sehen, ob noch mehr dazu kommen. Wir müssen leider abwarten und können nicht vernünftig planen.

Vielen Dank für Ihre Zeit, die Sie dieses Interview  gewidmet haben, und haben Sie am Ende noch etwas, das Sie an die Fans sagen möchten?


Ich danke euch sehr, für eure Unterstützung und hoffe, dass wir uns bald wieder sehen. Bis dahin alles Gute und bleibt gesund ;)
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